Interviews gibt Rihanna kaum noch welche. Einfach viel zu oft werden ihr die Worte im Mund verdreht oder ihr jeweiliges Gegenüber ist bloß auf Gossip und Schlagzeilen aus. Wenn aber Edward Enninful – der Editor-In-Chief des britischen VOGUE-Magazins – anruft, geht Rihanna auch schon mal über ihre Grenzen hinaus. Das gemeinsame Titelblatt der aktuellen September-Ausgabe sei nämlich schon seit Monaten in Planung. Etliche Telefonate, E-Mails und Bildnachrichten sollen sich die beiden hin und hergeschickt haben, bis das finale Konzept endlich festgeschnurrt war. In den Londoner Büros des Verlags Condé Nast wurde vor wenigen Monaten dann auch das dazugehörige Interview geführt.
Mittlerweile hat Rihanna aber auch gelernt mit all dem Druck und Stress umzugehen: Hauptsache es ist alles im Gleichgewicht. Vor allem ihr Körper stehe daher in naher Zukunft wieder auf ihrer Agenda. Doch ist es bloß ihr Alter, auf das sie gewappnet sein will, oder steht vielleicht doch eine Welttournee an, für die sie schlicht fit sein muss? Thematisiert wird die folgende Ära zwar nicht im Interview, doch dafür spricht Rihanna noch über viele weitere interessante Themen…
Edward: 2014 haben wir das erste Mal zusammengearbeitet und weißt Du woran ich mich noch am besten erinnere? An deine Hände. Alles war so durchdacht – bis in die Fingerspitzen. Außerdem scheuen wir uns vor nichts und gehen immer tief in den Tunnel voller Ideen. Was haben wir noch gemeinsam?
Rihanna: Wir sind dunkelhäutig! Und wir haben früh angefangen.
Edward: Ich finde, dass die meisten Leute davon ausgehen, dass ein früher Karrierestart zeitgleich bedeutet, dass es glamourös und einfach ist. Sie verstehen aber nicht, dass man eigentlich noch ein Kind ist.
Rihanna: Es ist sogar viel härter. Wenn man älter ist, denkt man sich bestimmt „ach, hätte ich mal früher damit angefangen“, aber SO jung? Man würde es sich ja nicht einmal für die eigenen Kinder wünschen. Bei mir war es wie ein Kulturschock. Ich war 17 als ich das erste Mal auf Promotion-Tour ging. Ich wurde von der Westküste der USA bis nach Reno, Nevada gefahren und machte bei jedem Radiosender auf der Route einen Tourstop. Und während der Autofahrten? Gab es Telefoninterviews. Ich habe also Interviews gegeben während ich von Interview zu Interview fuhr.
Edward: Ich habe das Gefühl, dass sich selbst im Alter nichts daran ändert, aber man lernt…
Rihanna: … ausgeglichener zu sein. Das sollte die oberste Priorität sein: Das eigene Gleichgewicht zu finden. Selbst wenn man es nicht ganz einpegeln kann, sollte es immer das Ziel sein. Man sollte die Arbeit niemals vernachlässigen, aber man sollte einen Weg finden, um sich zumindest erfüllt zu fühlen.
Edward: Ich schätze besonders an Dir, dass Du Dich so um Deine Leute sorgst. Dein Team ist schon von Anfang an dabei.
Rihanna: In der Hinsicht bin ich ziemlich wählerisch. Ich öffne mich nicht für Jedermann und wenn ich dann mal jemanden gefunden habe, der gut und vor allem loyal ist, will man solche Leute halt nicht mehr gehen lassen. Ich bin schon seit meiner Jugend da draußen, daher ist mein Team quasi meine neue Familie.
Edward: Als Künstlerin versuchst Du Dich niemals zu doppeln, willst immer etwas Neues machen. Wie kommt das?
Rihanna: So bin ich halt. Ich langweile mich schnell und frage mich dann: „Warum nicht was Neues ausprobieren?“ Heutzutage dreht sich ohnehin immer alles um das Visuelle. Du willst Dich daher selbst fordern und willst vor allem nicht vorhersehbar sein. Bloß um Jeans komme ich nicht drumherum.
Edward: Du hast keine Scheu davor in neue Genren einzutauchen. Findest Du, dass das Leben auf Barbados Dich darin geprägt hat?
Rihanna: Ja, vor allem musikalisch. Bei uns zu Hause lief nicht oft Musik, das war einfach so. Ich habe Musik immer vom Radio auf Kassetten aufgenommen und saß dann da: Hörte mir die Lieder an, stoppte sie immer wieder mal und schrieb die Songtexte mit. In der Karibik dominieren eher Reggae, Soca und ruhigere Songs – wir lieben vor allem Balladen. Durch 50 Cent und Ja Rule (etc.) wurde dann auch Hip-Hop immer wichtiger. Und als ich dann in die Staaten kam, habe ich all diese Künstler und Musikrichtungen für mich entdeckt. Ich wusste endlich wie Madonna aussieht! Zuvor habe ich Musik wie Süßigkeiten konsumiert: Ich habe alles aufgenommen und spielte bloß damit.
Edward: Was waren Deine Höhepunkte in der Karriere?
Rihanna: Definitiv mein erster Grammy. Preise verlieren aber an Bedeutung desto besser Du die Branche kennenlernst. Eigentlich geht es nämlich nur um die eigenen Fans. Solange sie glücklich sind, bin auch ich glücklich. Mehr sollte es nicht sein. Ich habe aber große Angst davor meine Fans zu enttäuschen. Ich mag das Gefühl einfach nicht. Daher steigere ich mich nie zu weit in etwas hinein und genieße auch einen besonderen Moment nicht zu sehr. Denn man weiß nie, was noch folgt…
Edward: Wie fühlt es sich eigentlich an vor 100.000 Menschen zu performen?
Rihanna: Es ist auf jeden Fall einfacher als vor zehn Menschen hinter einer Kamera zu stehen. Der Unterschied ist: Auf Konzerten weißt Du, dass all die Menschen für Dich da sind. Sie lieben Deine Musik und allein das verbindet uns schon. Man „trifft“ sich nur unter der Voraussetzung und das war es dann. Man tretet einfach hervor und gibt ihnen das, wofür sie gekommen sind.
Edward: Welchen Ratschlag holen sich die Leute am meisten von Dir?
Rihanna: Ich werde viel über Typen befragt. Viele Leute daten sich doch nur unter der Vorstellung wie sein Gegenüber mal werden könnte. Und wenn sich die Erwartungen am Ende nicht bewahrheiten, ist die Enttäuschung groß. Ein Mensch kann sich immer verbessern, aber auch verschlechtern. Man muss sie aber so akzeptieren wie sie zum Zeitpunkt des Kennenlernens sind.
Edward: Du bist DIE eine Frau, die alle anderen Frauen bewundern. Wie kommt das?
Rihanna: Ehm? Da befragst Du gerade die falsche Person, denn ich weiß es nicht. Vielleicht, weil ich jetzt etwas mehr auf den Rippen habe?
Edward: Darf ich das sagen? Ich liebe deinen Körper wie er aktuell ist!
Rihanna: Ich werde schon bald wieder ins Fitnessstudio gehen, hoffe aber, dass ich meinen Hintern, meine Hüften und vor allem meine Oberschenkel dabei nicht verliere. Ich werde einige Kilos verlieren, aber nicht alles. Die Hoffnung an meiner Oberweite habe ich aber schon aufgegeben. Aber alles hat halt seinen Preis: Wer einen Hintern will, muss sich auch mit einem Bäuchlein zufriedengeben.
Edward: Du gibst mit Deiner Einstellung bestimmt vielen Frauen Mut!
Rihanna: Ich muss halt einfach gesund werden und auch bleiben, immerhin bin ich doch jetzt schon 30. Ich kann mir nicht mehr alles erlauben. Mac’n’Cheese mitten in der Nacht sollte nicht mehr sein.
Edward: Viele Musiker etablieren gerade ihre eigenen Unternehmen, doch Du hast mit FENTY Beauty schon eine weltweite Marke geschaffen.
Rihanna: Danke. Es war jetzt keine bahnbrechende Idee oder so. Ich bin da bloß herangegangen, wie ich auch an alle anderen Projekte herangehe. Ich hätte ja nicht erahnen können, dass die Leute so eine emotionale Bindung zur Marke aufbauen, nur weil sie ihre Haut nun das erste Mal kennen lernen durften. Über eine Flasche im Regal! Das bringt mich noch viel näher an meine Konsumenten.
Edward: Was meinst Du war ausschlaggebend dafür, dass Du anders als der Rest denkst?
Rihanna: Das Offensichtliche. Frauen sollen das Gefühl haben, dass Du an sie denkst und dass sie alle miteinbezogen sind. Gleichgültig.
Edward: Amen.